Mit erhobenem Haupt

Beim Betrachten von Petra Buschkämpers Kunstwerken kann man leicht den Eindruck erhalten, es würde sich dabei um Drucke handeln, angelehnt vielleicht an die Tradition von Comics.

Doch weit gefehlt, wer dieser Schlussfolgerung im wahrsten Sinne des Wortes auf den (hier: Holz-)Leim geht: Minutiös und präzise trägt Buschkämper seit Jahrzehnten ihre Farben selbst auf, der Pinsel folgt ihrer zielsicheren Hand mit akkuraten Strichen.

Die Bilder der HfG-Absolventin schreiten seit dieser Zeit variationsreich voran: Unter Buschkämpers zeichnerischen Fittichen werden Frauen zu Octopus-Damen, transformieren sie sich in kargem Schwarz-Weiß-Strich zu Solo-Ikonen auf dem Papier und erinnern dabei an (vielleicht schon ausgerissene) Seiten von Modezeitschriften einer verheißungsvollen (aber wahrscheinlich) utopischen Zukunft.

Weiterhin spielt für die Künstlerin die Inszenierung im Raum schon immer eine große Rolle: Ihre Holzinstallationen irritieren den zur Verfügung gestellten Ort, zerschneiden die Koordinaten in der Luft, teilen die (Macht)Verhältnisse neu (auf) und schaffen andere Perspektiven auf den bisher gewohnt wahrgenommenen Platz.

Die Installation «Metamorphosis» zum Beispiel, ihrerseits dauerausgestellt in der Art Mansarde Gropius 19, wirkt als Gesamtkunstwerk wie ein moderner Altar. Auf den davor niedrig platzierten Hockern kommt man zur Ruhe und zur Besinnung. Automatisch werden die Gedanken sanfter. Dieses neuartige Ensemble aus Konzeptmöbeln verneigt sich als Kunstinstallation vor der Stille.

Überhaupt haben Buschkämpers Arbeiten nie etwas Hektisches, geschweige denn Flüchtiges. Sie biedern sich nicht an, heischen nicht um Aufmerksamkeit, wollen nie billig, schnell oder oberflächlich verführen. Sie sind konzentrierte Statements, manchmal fast spröde und sperrig formuliert. Nicht zufällig benutzt die Frankfurterin für ihre Kunst häufig das Material Holz.
Ihre Keramikskulpturen dagegen bemalt Buschkämper in ihren favorisierten Grüntönen. Auch an diesem Material Ton beweist sie «Händchen»:
Das weibliche Geschlecht mutiert auf der Drehscheibe zu geheimnisvollen Fabelwesen, wiederum inspiriert von der Natur. Sie wachsen schuppig nach unten, schlagen Wurzeln, schlagen auf dem Boden auf. Nie entsteht dabei ein Scherbenhaufen.

Hierbei muss auch die immer feministische Komponente ihres künstlerischen Outputs und Ausdrucks erwähnt werden: Die selbstbewusste, selbstbestimmte, zugleich schöne Frau, die immer als Subjekt mit erhobenem Haupt das letzte Wort hat und nie als gebrochenes Objekt eine Situation verlässt. Die gemalten Oktopus-Damen, sowie die Fashion-Gesichter, genauso gut aber auch die Keramikfabelwesen, haben eine wichtige Sache gemeinsam: Sie halten sich selbst, stehen stark und autonom im Leben, mehr oder weniger unantastbar und verankern sich in der Natur.

Dazu passt auch, dass Buschkämper ihre künstlerische Karriere mit dem Erlernen eines Handwerks begann, das Männer dominierter nicht sein konnte: Sie behauptete sich zuallererst als Schreinerin. In ihrer, dem Malerei-Studium vorangegangenen Schreinerlehre, lernte sie von der Pike auf was es mit dem Material Holz auf sich hat. Von Anfang an wollte sie mit Holz künstlerisch umgehen (lernen), die typische Buschkämper-Ästhetik generieren.

Bei der Arbeit mit Holz fand sie unter anderem die Ruhe, die sie später an ihre Kunst weitergeben konnte.

Fernab des zivilisatorischen Alltags, oft in einem leeren Raum, sind ihre erschaffenen Wesen dennoch immer mit dem Boden verbunden.

Wahrscheinlich wurde dieser Boden vorher von Petra Buschkämper höchstpersönlich entworfen. Auf dem Boden ihrer Tatsachen behält man stets das Gleichgewicht.

Und dort wissend kann sich niemand beim Betrachten ihrer Arbeiten ihrem stillen konzentrierten faszinierenden Kosmos entziehen.

Julia Mantel, 2024